Im östlichen Sachsen liegt die Stadt Bischofswerda mit etwa 10.000 Einwohnern. Sie befindet sich südlich von Kamenz, westlich von Bautzen und östlich von Dresden. Im Jahr 1076 wurde der Markt Werda durch Bischof Benno von Meißen zur Stadt erhoben.
Als Bischofswerda wird die Stadt erstmals 1227 urkundlich erwähnt. Über die Einwohner der Stadt vor 1750 ist wenig bekannt. Beim Durchmarsch von Napoleons Truppen im Mai 1813 geriet die Stadt in Brand, wobei die meisten Häuser und die Aufzeichnungen über die Einwohner zerstört wurden. Heute sind noch die Kirchenbücher ab 1750 erhalten.
Eine Quelle für die Goldschmiede der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist das „Allgemeine Künstlerlexikon“ von Füssli, das 1813 erschien. Hier werden Andreas Tuchscherer, ein Goldschmied aus Bischofswerda in Chursachsen, und Johann Schmidt, ebenfalls ein Goldschmied aus Bischofswerda, erwähnt. Tuchscherer war bereits verstorben, als seine Tochter 1643 heiratete, und Schmidt verstarb 1640.
Über die Goldschmiedearbeiten von Bischofswerda ist bisher wenig bekannt.
Im „Rosenberg“ wird unter Bezugnahme auf C. Gurlitt die Zeichnung eines Beschau- und Meisterzeichen um 1700 abgebildet, dazu ein Meisterzeichen ICS, aber weitere Marken sind in der Literatur bisher nicht abgebildet.
Die Tradition der Emaillelöffel mit Porträt findet man in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Sachsen.
Emaillelöffel Dresden ca 1690 MZ: MB = Johann Michael Brückner, Meister 1681
Zu einem vollständigen besteck gehörten neben dem Löffel auch ein Messer und eine Gabel, wobei alle drei Teile bei den sächsischen Emaille-Arbeiten ein beidseitiges Portrat am Stiel trugen. Die Porträts sind außerdem mit Blüten und Ranken aus Gold- und Silbereinlagen verziert.
Diese Besteckteile nur selten mit Marken versehen; oft trug nur die Messerklinge eine Schmiedemarke. Das hier abgebildete Besteck befindet sich im Deutschen Klingenmuseum in Solingen und ist Teil der Sammlung Marquardt.
Ein weiteres Set bestehend aus Messer, Gabel und Löffel befindet sich in der Sammlung Amme, welche sich ebenfalls im Deutschen Klingenmuseum in Solingen befinden. Hier handelt es sich um weiße Emaille. Auch hier fehlt eine Silberpunzierung, dafür gibt es eine Messerschmiedemarke mit gekreuzten Schwertern für Sachsen auf der Messerklinge.
Ebenfalls aus der Sammlung Jochen Amme (vgl. Historische Bestecke, Abb.297)** zeigt einen weiteren Löffel mit Portrait auf Emaille und zusätzlich einem Besatz aus roten Steinen. Der Griff ist hier kürzer und dicker, als bei den anderen Löffeln und es gibt keine Punzierung, dafür ein eingraviertes sächsisches Wappen am Ende des Griffs. Daneben ein weiteres Emaille-Besteck (Abb.296) mit blauer Emaille und Portrait.
Die folgende Abbildung zeigt ein Set aus der Sammlung Franz Emmerich Graf Lamberg, das 1912 im Dorotheum in Wien versteigert wurde. Die Ähnlichkeit des Löffels zu dem Löffel aus Bischofswerda und die Vermutung einer ähnlichen Punzierung legen nahe, dass es sich um drei weitere Arbeiten des Meisters FAL? aus Bischofswerda handelt. Die beiden Löffel unterscheiden sich am Abschluss des Griffs. Sowohl der Löffel, die Gabel als auch das Messer aus dieser Auktion befinden sich heute im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien
Ein Vergleich der Vergrößerung der Abbildungen der Marken des Löffels aus Bischofswerda und der Nr. 249 im Versteigerungskatalog der Sammlung Lamberg zeigt, dass es sich um die gleichen Marken desselben Meisters handelt, anders als die Beschreibung im Katalog andeutet.
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*Abbildung aus dem Katalog: Klaus Marquardt, Europäisches Eßbesteck aus acht Jahrhunderten
** Abbildung aus dem Buch: Jochen Amme, Historische Bestecke, S.122, Abb. 296, 297