So sehr ich Rosenberg und W.Scheffler schätze und verehre, es kommt doch hin und wieder vor, dass eine Zuschreibung voreilig erfolgte und diese dann von anderen Autoren übernommen wurde, ohne zuvor die Plausibilität zu prüfen. Ein solches Beispiel zeigt die Zuschreibung einer Lilien-Marke nach Gnoien in Mecklenburg.
Rosenberg bezieht sich dabei unter R³ Nr.2213 auf Schlie (K- u. Geschichtsdenkm. des Großherzogt. Mecklenburg-Schwerin I, Schlie, Rostock etc. S. 582 u. 587 auch S. 592 u. 601.). Es wird dabei für Gnoien eine Lilie als BZ in Anspruch genommen und weder Meisterzeichen noch Goldschmiede in Gnoien erwähnt.
Wolfgang Scheffler nennt in seinem Werk über die Goldschmiede in Mittel- und Nordostdeutschland (S.61f) mehrere Werke aus dem 18. Jh. mit einer Lilie als Beschauzeichen, kann jedoch keinen einzigen Goldschmied in dieser Zeit in Gnoien nennen.
Auch die eigene Recherche in den Kirchenbüchern von Gnoien brachte im 18. Jh. keinen einzigen Goldschmied ans Licht. Die von Scheffler genannten Objekte #126 MZ: (GW), #127 MZ: [IW] datiert 30.6.1765, #128 MZ: (IG) im Herz blieben also jeweils ohne einen Namen, befinden sich jeweils in der Kirche in Dargun, einer Nachbarstadt von Demmin und Gnoien.
Anders in Demmin, wo Scheffler die Goldschmiede Nr.1 Andreas Stockfisch (erw. 1719), Nr.2 Johann Heinrich Mundt (erw. 1719), Nr. 3 Giese (erw. 1764), Nr.3a Johann Jacob Harck (get. am 10.9.1767 in Malchin), Nr. 4 Robert Ockel (erw. 1820-1879) nennt, ihnen aber keine Werke und Marken zuschreiben kann.
Wie kam die falsche Zuschreibung der Lilien-Marke nach Gnoien zustande? Das Stadtwappen von Gnoien zeigt einen geteilten Schild, der auf der linken Seite eine Lilie und auf der rechten Seite den Kopf des Mecklenburger Stieres führt. Das Wappen von Demmin zeigt ein Stadttor mit zwei Türmen, die jeweils eine Lilie auf der Turmspitze ziert, über den Zinnen ein Ritter mit Helm und Schild, auf dem der Pommersche Greif zu sehen ist.
Alte Münzen und Zinnmarken von Demmin zeigen jedoch nicht das heutige Wappen von Demmin, sondern eine Lilie. Die Stadt Dargun befindet sich etwa in der Mitte zwischen den Städten Gnoien und Demmin.
Drei Löffel aus dem 18. Jahrhundert tragen jeweils eine Lilie als Beschauzeichen und die Meisterzeichen (IG/*) (1749 datiert), [HELM] (ca.1790) und [HAROK]? (1794 datiert, übermarkt das BZ von Greifswald und das MZ: [METZ]).
Das digitale Museum in Demmin stellt einige Dokumente online zur Verfügung, die eine Auflösung einiger dieser Marken erlauben. Die Akte betreffend die Einrichtung einer Kaffee- und Tabaksteuer (mit Namen der Einwohner), 1786 nennt auf den Seiten 28 +64, 29, 37+71 die Goldschmiede Giese, Helm und Wollf bzw. Wulff. Auch wenn die Vornamen noch fehlen, können also die Marken [IW] dem Goldschmied Wolff, (IG/*) dem Goldschmied Giese und [HELM] dem Goldschmied Helm zugeschrieben werden. Die Marke [MAROK]? gehört vermutlich zu Johann Jacob Harck aus Malchin. Ein Spaten-Löffel aus der Mitte des 19. Jh. zeigt außerdem als Beschauzeichen zwei Türme, als Feingehalt XII (römisch 12) und das Meisterzeichen R. OCKEL vertieft, für Robert Ockel.